Easter Parade - Roman by Deutsche Verlags-Anstalt

Easter Parade - Roman by Deutsche Verlags-Anstalt

Autor:Deutsche Verlags-Anstalt
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Deutsche Verlags-Anstalt
veröffentlicht: 2010-06-21T04:00:00+00:00


3. KAPITEL

Sie merkte, daß sie wach war, weil sie das Morgenlicht weit weg hinter der blassen schwebenden Form der heruntergelassenen Jalousie sehen konnte. Es war kein Traum: Sie lag nackt in einem Bett mit einem fremden Mann, an einem fremden Ort, ohne Erinnerung an die vergangene Nacht. Der Mann, wer immer er war, hatte schwer einen Arm und ein Bein auf sie gelegt, nagelte sie fest, und in dem Bemühen, sich zu befreien, stieß sie gegen einen Nachttisch, der mit dem Geräusch splitternden Glases umfiel. Er erwachte nicht, aber er stöhnte und drehte sich von ihr weg; daraufhin konnte sie leicht zum Fußende des Betts kriechen und aufstehen, sie mied die Glassplitter und ertastete sich an der Wand den Weg zum Lichtschalter. Sie geriet nicht in Panik: Nichts dergleichen war ihr je zuvor passiert, aber das hieß nicht, daß es wieder passieren müßte. Wenn sie ihre Kleider anziehen, von hier verschwinden, ein Taxi nehmen und nach Hause fahren könnte, wäre es vielleicht doch noch möglich, die Welt wieder zu ordnen.

Als sie den Schalter fand, erhielt die Wohnung ein Gesicht, aber sie erkannte sie nicht wieder. Auch den Mann erkannte sie nicht wieder. Er hatte das Gesicht abgewandt, aber sie sah sein Profil; sie betrachtete es eingehend, als wollte sie eine Skizze davon machen, aber es sagte ihr nichts. Das einzig Vertraute in dem Zimmer war ihre Kleidung, die über der Lehne eines mit Kordsamt bezogenen Sessels hing, nicht weit davon lagen Schuhe, Hose, Hemd und Unterwäsche des Mannes verstreut auf dem Boden. Das Wort »schmutzig« ging ihr durch den Kopf; das hier war schmutzig.

Sie zog sich rasch an, fand das Bad, und während sie sich vor dem Spiegel kämmte, wurde ihr klar, daß es nicht zwingend erforderlich war, von hier zu verschwinden; es gab eine Alternative. Sie könnte heiß duschen, in die Küche gehen, Kaffee kochen und warten, bis er erwachte; sie könnte ihn mit einem freundlichen morgendlichen Lächeln begrüßen - einem etwas zurückhaltenden, intellektuellen Lächeln -, und während sie sich unterhielten, würde sie sich bestimmt an alles erinnern, was sie wissen mußte: Wer er war, wie sie sich kennengelernt hatten, wo sie letzten Abend gewesen war. Alles würde ihr wieder einfallen, und vielleicht würde sie sogar beschließen, daß sie ihn mochte. Er könnte Bloody Marys machen, um den Kater zu mildern, und sie zum Frühstück ausführen, und womöglich stellte sich alles als -

Aber das war eine Eingebung der Verantwortungslosigkeit, der Promiskuität, der Schmutzigkeit, und sie entschied sich sofort dagegen. Zurück in dem Zimmer, in dem er schlief, richtete sie den wackligen Nachttisch auf, der samt Flaschen und Gläsern umgefallen war. Sie fand ein Blatt Papier, schrieb eine Warnung darauf und legte es auf den Nachttisch: Vorsicht:

Glassplitter auf dem Boden.

E.



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